Kinderarbeit, Menschenhandel, Sklaverei – wenn wir ehrlich sind, dann sind dies zunächst einmal recht abstrakte Begriffe für uns“, sagt Justin Dillon, der FRDM gegründet hat. Denn fast nie, gibt Dillon zu bedenken, erführen wir Genaueres darüber, wie eng wir mit Menschen verbunden sind, die durch Zwangsarbeit ausgebeutet werden. Und die Verbindung sei eng. Sehr eng sogar.

Damit die Erkenntnis auch möglichst wehtut, erklärt Dillon dies am Beispiel von E-Autos – einem Produkt, das wie kaum ein anderes für nachhaltigen Konsum steht. Doch in den Batterien der ökologisch korrekten Fahrzeuge ist auch Kobalt verbaut, ein Mineral, das oft aus Minen stammt, in denen Kinder arbeiten. Ein echtes Dilemma also. E-Autos seien keineswegs das einzige Beispiel, weiß Dillon, sie seien eher die Spitze des Eisbergs.

Das einfach hinzunehmen, kam für ihn nicht infrage. 2011 gab er seine Karriere als Musiker und Filmemacher auf und startet das Portal slaveryfootprint.org. Weltweit haben es bereits 30 Millionen Menschen aufgerufen. Jeder wird mit der Frage begrüßt: Wie viele Sklaven arbeiten für dich? Nach wenigen Eingaben zu den eigenen Konsumgewohnheiten kommen Besucher:innen der Seite auf 30 bis 40 Zwangsarbeiter:innen – oft sogar mehr.

Justin Dillon bringt den Kern seines Angebotes auf den Punkt:

„Mit der von FRDM genutzten Software holen wir Informationen ans Tageslicht und zeigen auf, wo in Lieferketten Menschenrechtsverletzungen geschehen“

Dank modernster Technologie könne man die ganze Lieferkette überblicken, so Dillon weiter. Ein entscheidender Fortschritt, denn bisher war es praktisch unmöglich, aufzudecken, wo Unrecht geschieht. Der Grund: Menschenrechtsverletzungen finden so gut wie nie bei den direkten Handelspartnern statt, mit denen ein Unternehmen in Kontakt steht.

Erst frühestens auf der dritten oder vierten Lieferantenebene wächst die Zahl der Verstöße. Wie zum Beispiel in der Textilwirtschaft, wo das globale Geflecht aus Zwischenhändlern und Vorlieferanten besonders dicht ist. Selbst Großkonzerne mit mächtigen Einkaufsabteilungen haben daher kaum eine Chance, die Quellen von Zwangsarbeit aufzudecken. Google Alerts liefern zwar jede Menge Treffer, doch verwertbare Informationen sind eher selten dabei.

Grafik: © Picture Alliance, Stand 2022 Quelle: Internationale Arbeitsorganisation Walk Free Foundation

Künstliche Intelligenz bringt Licht ins Dunkel

„Mit den Durchbrüchen auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz ändert sich dies nun grundlegend“, so Ausbeutungsgegner Justin Dillon. „Durch Techniken wie Machine Learning, Blockchain oder Predictive Analytics ist es jetzt erstmals möglich, die ganze Lieferkette zu überblicken.“ Damit werden Ausbeuter endlich sichtbar. So etwa, wenn es um die Lieferanten von Zink geht, das in Laptops genutzt wird. Um Einkäufer:innen die Risiken in ihren Liefernetzwerken unmittelbar aufzuzeigen, nutzt FRDM sogenannte Heat Maps. Sie schlüsseln die Wahrscheinlichkeit auf, dass in Tablet-Computern Zink zum Einsatz kommt, bei dessen Abbau Zwangsarbeiter ausgebeutet werden.

FRDM liefert das Wissen darüber, weist die Ausbeutungsrisiken bis zu den Rohstoffen aus und schlüsselt sie länder- und lieferantenbezogen auf. Geschäftskund:innen in aller Welt nutzen das Angebot – allen voran Handels- und Dienstleistungskonzerne, die Risiken in ihren Lieferketten erkennen wollen. Offen will sich jedoch niemand dazu äußern. Zwangsarbeit ist kein Thema, mit dem der eigene Name in Verbindung stehen soll. Auch nicht, wenn man zu ihrer Bekämpfung beiträgt.

„Fast nie erfahren wir, wie eng wir mit jenen Menschen verbunden sind, die durch Zwangsarbeit ausgebeutet werden“

Der Kalifornier hat sich an das allgemeine Schweigen gewöhnt. Statt es zu bedauern, denkt er lieber an die positive Seite des wachsenden Zuspruchs aus der Geschäftswelt: „Mit jedem zusätzlichen Nutzer bekommen wir neue Möglichkeiten, unsere Informationen zu teilen und weitere Fälle von Ausbeutung aufzudecken.“ FRDM werde viele der Barrieren wegräumen, die Einkäufer:innen bislang davon abgehalten haben, ihren Einfluss geltend zu machen, stellt der Gründer selbstbewusst in Aussicht.

Mehr Durchblick für Produzenten und Konsumenten

Denn wie wir unser Geld ausgeben, darin liege der eigentliche Hebel im Kampf gegen Zwangsarbeit und Menschenhandel. Dillon ist überzeugt: „Mit den neuen Technologien und dem Willen zur Kooperation haben Konsument:innen und Unternehmen es endlich selbst in der Hand, faire Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Ziel ist es, die Profiteure der Ausbeutung ein für alle Mal aus dem Markt zu drängen.

Mitmachen:

Bewusster konsumieren: Auf Zertifizierungen achten, sie garantieren Umwelt- und Sozialverträglichkeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Gute Infoquelle: www.siegelklarheit.de Mehr zu FRDM auf: www.frdm.co