Ein zeitlos-eleganter Stil, rundum nachhaltige Materialien, Schnitte, bei denen keine Stoffreste anfallen sowie das Vertrauen darauf, dass ihre Jacken, Hosen, Kleider ein Leben lang gern getragen werden – aus diesen Versatzstücken hat Natascha von Hirschhausen ein Konzept entwickelt, mit dem sie zeigt, dass Mode Spaß machen kann, ohne die Umwelt zu belasten.
Das tut Not, denn die Probleme in der Textilbranche sind groß: 80 Milliarden Kleidungsstücke überschwemmen jährlich den Markt, ein Großteil davon landet nach einer kurzen Lebensspanne auf dem Müll. Auf diese Weise werden Ressourcen wie Anbauflächen, Wasser und menschliche Arbeit verschwendet. Giftstoffe, die in den Textilfabriken zum Einsatz kommen, verseuchen in den Produktionsländern wie China oder Bangladesch die Seen und Flüsse.
Für ihr Engagement wurde Natascha von Hirschhausen 2017 mit dem Bundespreis Ecodesign ausgezeichnet. Eine Ehrung, die das Umweltschutzministerium (BMU) und das Umweltbundesamt (UBA) an Vorreiter auf dem Gebiet des ökologischen Designs vergeben. Es zeigt: Nachhaltige Mode braucht mutige Vordenker.
Lieblingsstücke für mehr Nachhaltigkeit
„Wir brauchen kleine Modedesigner, um den schnelllebigen Trends der Bekleidungsketten hochwertige Lieblingsstücke entgegenzusetzen, die lange halten“, davon ist die Berlinerin überzeugt. Nur so sei Bekleidung wirklich nachhaltig.
2016 gründete sie ihr eigenes Label. Ein 14-tägiger Studienaufenthalt in Bangladesch gab dafür den Ausschlag. „Die Region wirkte wie ein großer Müllberg“, erinnert sich von Hirschhausen. „Enorme Mengen an Stoffresten und die Masse an Kleidung, die dort, salopp formuliert, für den Mülleimer produziert werden, all das hat mich darin bestärkt, anders zu arbeiten.“
Spezielle Schnitttechnik für Fair Fashion
Seitdem hat die Designerin in Berlin Wedding Hunderte von Bestellungen entgegengenommen. "Jedes Stück fertigen eine Schneidemeisterin oder ich von Hand“, erklärt von Hirschhausen und beugt sich über einen riesigen hölzernen Zuschnitt-Tisch. Das auf einen Bogen Pappe gezeichnete Schnittmuster eines Anzugs platziert sie auf eine schwarze Stoffbahn. Dabei fällt auf: Die einzelnen Schnittteile sind gekonnt ineinander verschachtelt anstatt nur nebeneinander gereiht.
Mit diesem besonderen Prinzip gelingt es ihr, Verschnitt nahezu vollständig zu vermeiden. Ganz anders als im Rest der Branche, wo 20 Prozent Stoffreste durchaus üblich sind.
Handelsketten müssen nachhaltiger werden
Und dass manche große Textilkonzerne zunehmend Biobaumwolle verwenden? Zwar begrüßt die Designerin dieses Handeln, und auch das vom Bundesministerium für internationale Zusammenarbeit und Entwicklung initiierte Textilbündnis sei ein wichtiger Schritt.
Aber sie gibt zu bedenken, dass Nachhaltigkeit für diese Firmen oft nur eine Imagefrage sei. Gegen den Abfall, den Einsatz von giftiger Chemie in Spinnereien und Webereien sowie die schlechten Arbeitsbedingungen gingen die Konzerne oft nicht vor. Deshalb könnten sie ihre Kleidung weiterhin zu geringen Preisen anbieten und verwiesen die steigende Zahl der Ethiklabels in die Nischen.
Zur Stärkung ihrer Zunft hat Natascha von Hirschhausen das Netzwerk Aethic gegründet. Neben vielen anderen Aktivitäten ist es auch eine Einkaufsgemeinschaft. „Stoffe werden oft nur in großen Mengen abgegeben. Nun können wir uns zusammenschließen und Sammelbestellungen aufgeben,“ erklärt die Unternehmerin. Ihrer Vision, ästhetisch anspruchsvoller und dabei sozial- und umweltverträglicher Mode eine Zukunft zu geben, kommt sie damit ein Stück näher.
Mitmachen:
Selbst aktiv werden: Kleidung tauschen, auszuborgen oder leihen trägt zum Umweltschutz bei. Auf Zertifizierung achten: Siegel von GOTS, IVN Best und Made in Green garantieren Umwelt- und Sozialverträglichkeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Nataschas nachhaltige Mode gibt es in ihrem Atelier in Berlin Wedding oder hier: nataschavonhirschhausen.com
Headerbild: Kerstin Jacobsen