Wie alle Kinder hatte auch Zohre einen Traum: Sie wollte Astronautin werden. Wenigstens in ihren Träumen der Welt entfliehen, in der sie nicht frei und nicht glücklich war. Ins Weltall ist sie nicht gekommen, stattdessen einen Weg gegangen, der hart und oft tränenreich war.

1999 floh sie als 13-Jährige mit ihrer Familie aus Afghanistan, lebte in zahlreichen Flüchtlingsheimen, erlebte Diskriminierung und Mobbing. Mit 17 Jahren wurde sie als Model entdeckt, es folgte eine internationale Karriere. Und so märchenhaft das auch klingen mag, Zohres Realität sah immer etwas anders aus als die der anderen Models.

"Ich wurde sozialisiert in einer islamischen und „körperlosen Welt." Das bedeutete für Zohre, dass für sie das Arbeiten vor der Kamera und auf Laufstegen anfangs stark verbunden war mit dem Gedanken, dass es Sünde sei, was sie tat.

Aber da war auch eine andere Stimme in ihr, die der Rebellin, die ihren eigenen Weg gehen wollte.

„Ich hatte früh viel Verantwortung für meine Eltern übernommen. Sie fühlten sich in Deutschland hilflos, weil sie das Gefühl hatten, ihre Elternrolle nicht weiterführen zu können. Sie wollten doch ihre Kinder schützen, aber wie, wenn sie die Gesellschaft nicht kennen?“, erzählt sie.

Eigene Erfahrungen prägen ihr soziales Engagement

Dies sind Erfahrungen, die heute in Esmaelis Projekt Culture Coaches einfließen, welches sie mit der Zohre Esmaeli Foundation ins Leben gerufen hat. Sie weiß: Bei Integration geht es um mehr als die Sprache sprechen zu können. „Man muss wissen, wie die Menschen ticken, nicht nur in der ersten Schicht, sondern auch drei Schichten tiefer.“

Darum setzt das Projekt auf gegenseitiges Verständnis. Die speziell ausgebildeten Culture Coaches vermitteln Wissen sowohl an Geflüchtete als auch an Mitarbeitende in öffentlichen Behörden, bei der Polizei, in der Justiz – denn gerade dort, wo über Asylverfahren und da- mit über Leben entschieden wird, kann Hintergrundwissen und Vorurteile abbauen und somit Entscheidungsmuster ändern.

Afghanistan und der Blick zurück

Was Integration bedeutet, weiß die Wahlberlinerin Zohre Esmaeli aus eigener Erfahrung: Sie hat es geschafft, sich zu integrieren, aber für ihre Freiheit hat sie immer gekämpft und einen hohen Preis gezahlt. Der Blick zurück nach Afghanistan war immer da.

Zohe im Gespräch mit zwei Culture Coaches ©Dinah Rothenberg

Als im August 2021 die Lage dort eskalierte, war sie in Deutschland als Expertin besonders gefragt, aber gleichzeitig durchlebte sie Trauer und Wut. „Es gibt immer noch Millionen Frauen, die nicht so leben können wie wir,“ sagt sie. Die Machtübernahme durch die Taliban versetze vor allem Frauen in eine sehr schwierige Lage.

Afghanischen Kindern und Frauen Bildung schenken

Um ihnen und ihren Kindern zu helfen, plant Zohre Esmaeli ein neues Projekt: Die Sky Digital School. Sie möchte afghanische Kinder und Frauen in Flüchtlingslagern mit Tablets ausstatten, auf denen unterschiedliche Lern-Apps installiert sind, um sie so auf ihre Zukunft in Europa vorzubereiten. Dafür sammelt sie Spenden und ist auf der Suche nach einem Computerhersteller, der gerade über den Tellerrand schaut, wo er sich sozial engagieren kann.

Mitmachen:
Die Zohre Esmaeli Foundation sammelt für Afghanistan. Jede Spende, so klein sie auch sein mag, hilft dabei, insbesondere Frauen und Kinder in Not zu unterstützen. www.zohre.de/spenden

Headerbild: Zohre Esmaeli als Botschafterin für das DRK © Oana Bara