Wie ist der Plastik-Wahnsinn entstanden?

Vor etwas mehr als 100 Jahren machte der amerikanisch-dänische Chemiker Leo Baekeland 1907 eine Erfindung, die die Welt und unsere Lebensweise verändern sollte. Er nannte seine Schöpfung "Plastik".  Er ahnte kaum, dass seine Erfindung schon bald in die Massenproduktion gehen würde, und dass Plastik aus unser aller Alltag kaum mehr wegzudenken sei.

Heute ist die Erfindung des "Vaters der Plastikindustrie" in alle Bereiche eingedrungen, Gegenstände aus Kunststoff sind zu einem untrennbaren Bestandteil unseres Lebens geworden. Plastik begleitet uns durch den Tag, pro Kopf entstehen allein in Deutschland pro Jahr durchschnittlich 38 Kilogramm Verpackungsmüll aus Plastik.

Warum gibt es so viel Plastikmüll?

Das Angebot an billigem Kunststoff machte die Herstellung und Verpackung von Konsumgütern einfacher, die Preise sanken, die Nachfrage stieg. Die Globalisierung beschleunigt den Prozess, schließlich muss Ware, die um den Globus fliegt, geschützt sein. Die Kunststoffindustrie wurde immer mächtiger. Heute ist der Globus von Kunststoffen überschwemmt. Und immer mehr Initiativen gründen sich, um Strände und Flußufer von Müll und vor allem von Plastik zu reinigen.

Bis 2050 wird die Zahl der Kunststoffpartikel im Meer die Zahl der Fische überholt haben.

(Quelle: Umweltprogramm der Vereinten Nationen)

Dass es so nicht weitergehen kann, ist eigentlich den meisten klar. Immer mehr Unternehmen, Organisationen und Innitiativen nehmen sich der Themen Recycling, Upcycling und alternativer Lösungen an. Was sich hinter Recycling verbirgt, haben wir in unserem Beitrag „Plastik und Recycling – Das Wichtigste auf einen Blick“ vorgestellt.

Was wird gegen zu viel Plastik unternommen?

Wir stellen 9 innovative Lösungen vor, die sich bereits auf den Weg gemacht haben,Kunststoffe zu recyceln, wiederzuverwenden oder zu ersetzen.

1) Straßen aus Einwegplastik

Kunststoffmengen in Meeren und auf Mülldeponien vermindern – Unternehmenwie MacRebur, eines der Pionierunternehmen beim Einsatz geschmolzener Kunststoffprodukte im Straßenbau, verwendet für den Bau von Kunststoffstraßen ausschließlich Einwegkunststoffe. "It's the end of the road for waste plastics" – gerne mehr davon!

2) Bausteine aus Plastikflaschen

Ecobricks Initiative hat eine kreative Antwort auf das Plastikproblem: leere Plastikflachen werden mit sauberem Einwegplastik gefüllt – oder besser: gestopft! So entstehen enorm widerstandsfähige Bauziegel, die wie ein Öko-Ziegel sogar für den Hausbau verwendet werden können. In Südafrika wurde sogar eine Schule aus Ecobricks gebaut. Aber auch z.B. für Tische, Betten oder Bühnen sind sie bestens geeignet.

3) Flüchtlingsunterkünfte aus Kunststoff

Forscher der Universität von Bath und der Kunststofftechnikhersteller Protomax haben wiederverwendbare Not-Unterkünfte entworfen. Das verwendete Material heißt Storm Board und besteht aus recyceltem Altkunststoff. Solche kostengünstigen und leicht zu konstruierenden Unterkünfte  tragen ihren Teil zur Lösung der großen Plastikmüll-Pandemie bei.

4) Schuhsohlen aus Kork

Das Start-up Doghammer produziert nachhaltige Schuhsohlen aus Kork und hat Anfang 2020 das Projekt „Cork Collect – Korken sammeln für einen nachhaltigen Fußabdruck“ ins Leben gerufen. In Korksammelboxen in Cafes, Büros und im Einzelhandel werden Weinkorken entsorgt, aus denen das Unternehmen neue Ober- und Sohlenmaterialien für Schuhe herstellt. Das spart Ressourcen und gleichzeitig werden pro Kilo Korken Spenden an Umweltorganisationen gegeben, z.B. für Artenvielfalt und den Erhalt der Alpenregion.

5) Einweggeschirr aus Pflanzenresten

Das Unternehmen Bio-Lutions mit Sitz in Hamburg und Bangalore schafft kompostierbare Verpackungen und Einweggeschirr aus Pflanzenresten. Zum Einsatz kommen Agrarabfälle, also Bestandteile von Pflanzen, die nicht mehr anderweitig gebraucht werden, z.B. von Tomaten, Paprika, Zucchini, Hopfen oder Hanfpflanzen. Im Herstellungsprozess wird auf Einsatz von chemischen Zusätzen verzichtet. In Deutschland gibt es die Bio-lutions Produkte jetzt von PapStar, dem Party-Einweggeschirrhersteller.

6) Plastik aus flüssigem Holz

Das schwäbische Unternehmen VVK Kunststofftechnik hat sich spezialisiert auf die Verarbeitung eines biologischen Kunststoffs, der aus den Holzbestandteilen Lignin, welches als Nebenprodukt in der Zellstoffindustrie mit mehreren Tonnen pro Jahr anfällt, sowie Zellulose, das am häufigsten vorkommende erneuerbare Polymer auf dem Planeten. Aus diesen beiden  „Abfallprodukten“ entsteht ein Biokunststoffgranulat, das biologisch abbaubar ist.

7) Kreislaufwirtschaft konsequent denken

Die Firma Superseven aus Börnsen bei Hamburg hat sich auf kreislauffähige und kompostierbare Verpackungslösungen spezialisiert. Mit seiner Marke Repaq® bieten die drei Gründer*innen viele verschiedene Verpackungslösungen an, die zu 100% im biologischen Kreislauf wiederverwertet werden.

8) Upcycling aus alten Segeln

Das StartUp StayInAKite lsammelt ausrangierte Kites und Surfsegel, um diese mit Adrenalin getränkten Materialien im Kreislauf zu erhalten Sie sind der Rohstoff für die hochwertig verarbeiteten Taschen und Bekleidung des Labels.  Geachtet wird zudem auf Biomaterialien (z.B. für Futter, Label, Garne) oder Recyclate (z.B. für Reisverschlüsse aus Ozeanplastik). Die Crowdfunding-Kampagne zur Finanzierung der ersten Produktion beginnt am 24. August auf Startnext.

Gegen Wind und Wetter nd für jede Menge Spaß beim Sport – die Kollektion von StayInAKite

9) Stroh statt Styropor

Die Firma Landpack aus dem bayerischen Alling stellt Dämm-Materialien aus Stroh her. Die Strohmatten isolieren genauso gut wie Styropor, z.B. im Lebensmittelversand, sind umweltfreundlich und kostengünstig. Und die Ackerbauern haben auch was davon: einen Abnehmer für ihr stroh, das sie nicht brauchen.

Kreislaufwirtschaft & Zero Waste

Diese Innovationen zeigen, was möglich ist, wenn man sich die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft zu eigen macht. Natürlich wird es auch in Zukunft darum gehen, die Auswirkungen der Plastikkrise zu bewältigen, aber statt gegen die Sympthome anzukämpfen, ist es wichtiger denn je,  die Ursachen des Problems an der Wurzel zu packen.

Headerbild: saving the ocean, unsplash